Unternehmen, die die Kundenbedürfnisse ihrer Kunden kennen möchten, die die Kundenzufriedenheit zum Massstab des eigenen Tuns erheben oder als strategisches Ziel definiert haben, die Kundenbindung zu verbessern, kommen nicht umhin, Daten zu erheben und diese auszuwerten.

Das Problem ist: nur Eindrittel der deutschen Marketingleiter sehen überhaupt einen Vorteil darin, durch den Einsatz von umfangreichen Datenanalysen, die notwendigen Daten dauerhaft zu eruieren. Das ist zumindest das Ergebnis einer Untersuchung der Kollegen der Hochschule Reutlingen, die die Bedeutung von Big Data in Groß- und mittelständischen Unternehmen untersucht haben. Wirklich interessant ist, dass über 70 % der Befragten dem Thema eine wachsende strategische Bedeutung beimessen, gleichzeitig aber nur Eindrittel aller deutschen Marketingentscheider einen strategischen Vorteil für ihren eigenen Verantwortungsbereich sehen. Big Data ist vielleicht in den Köpfen von vielen angekommen, der Praxistransfer scheitert aber.

„Es klingt paradox: Die Unternehmen wollen ihre Kunden immer besser kennenlernen und ihr Angebot auf die Kundenbedürfnisse zuschneiden, haben aber gleichzeitig keine vernünftige Big-Data-Strategie. Sie wissen nicht recht vor oder zurück, weil sie mit dem Thema Neuland betreten. Entsprechend können sie nur einen Bruchteil des vorhandenen Potentials aus den Daten ziehen“, zitiert die FAZ Peter Klingenburg, Geschäftsführer von T-Systems Multimedia Solutions, in deren Auftrag die Studie durchgeführt wurde.

Tatsächlich dokumentieren die Ergebnisse dieser Studie wieder einmal, dass das Thema „Kundenorientierung“ in vielen Unternehmen den Status der Worthülse noch nicht verlassen hat. Viele Unternehmen arbeiten noch nach der Philosophie der Produktionsorientierung, möglichst kostengünstige Massenproduktion der Produkte in Basisqualitäten, bzw. nach der Produktorientierung, qualitativ möglichst hochwertige Produkte herzustellen. Beide Philosophien haben grundsätzlich ihre Existenzberechtigung, können die Unternehmen aber auch in die Nokia-Falle führen. Zudem betrachten beide Philosophien, die Bedürfnisse der Kunden als gegeben. Zumindest die Produktionsorientierung führt zwangsläufig in den Preiswettbewerb oder auch die Commodity-Spirale: die Produkte gleichen sich immer mehr an, das entscheidende Kaufkriterium ist der Preis. Für dieses Geschäftsmodell werden aber keine Marketingleiter mehr benötigt. Diese Kosten kann sich das Unternehmen dann sparen.